Architektur für den Menschen

Drei Fragen an Khushnu Panthaki Hoof

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Der berühmte Architekt und Stadtplaner Balkrishna Doshi ist einer der wenigen Pioniere moderner Architektur in Indien. Er wurde 2018 als erster Inder mit dem renommierten Pritzker-Preis geehrt. Mit der Ausstellung »Balkrishna Doshi. Architektur für den Menschen« präsentiert das Vitra Design Museum die erste Retrospektive über das Gesamtwerk von Balkrishna Doshi ausserhalb Asiens. Die Architektin Khushnu Panthaki Hoof hat die Ausstellung kuratiert. Sie hat viele Jahre mit Doshi gearbeitet, ist Partnerin bei Vastu Shilpa Consultants und Doshis Enkelin. Im Vitra Magazin hat sie drei Fragen zur Ausstellung beantwortet.
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Was ist an Balkrishna Doshis Arbeitsweise so speziell?

Doshi nähert sich der Architektur auf offene und partizipatorische Weise an. Das verleiht seinen Arbeiten etwas Zeitloses. Er sieht Architektur nicht als Produkt an, sondern als lebenden, sich entwickelnden Organismus, der wachsen und sich anpassen kann. In den meisten seiner Werke konzentrierte er sich darauf, den Dialog und Austausch zwischen den Bewohnern zu fördern, soziale Schranken niederzureissen und Menschen durch ein Gefühl des Zusammenhalts zu inspirieren. Diese persönliche Suche nach einem geeigneten Architekturvokabular im indischen Kontext, bei dem ein Schwerpunkt auf menschlichen Verhaltensweisen und Lebensstilen liegt, macht seine Arbeitsweise einzigartig.
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Wie haben Sie sich seinem Gesamtwerk angenähert?

In 62 Jahren Forschung, Lehre und Praxis hat Doshi viele Projekte bearbeitet, die ein starkes Bewusstsein für Umweltschutz und Gesellschaft ausdrücken, Grundsätze der modernen Architektur anwenden und diese auf die Lage, Traditionen und Gegebenheiten in Indien anpassen. Obwohl Doshis Werk über 100 Projekte umfasst, habe ich mich für eine Auswahl von Werken entschieden, die sich in Art und Umfang unterscheiden und in verschiedenen Teilen Indiens angesiedelt sind. Diese Projekte verdeutlichen Doshis experimentellen Ansatz, soziale Veränderungen hervorzubringen und gleichzeitig Räume zu schaffen, die die Lebensqualität verbessern.
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Was ist ihr persönlicher Liebling unter den in der Ausstellung gezeigten Projekten und Fakten?

Doshis Projekte folgen keinem einheitlichen Stil, sondern zeigen, dass er sich als Architekt seiner sozialen Verantwortung und seiner Auswirkung auf das Leben der Menschen bewusst ist. Obwohl sich die Projekte stark voneinander unterscheiden, drücken sie alle dieses Bewusstsein aus. Deshalb sind dieser Gedankenprozess, das Experimentelle und die humanistische Annäherung an die Architektur auch heute von grösster Bedeutung. Das Projekt Sangath, die Sozialwohnsiedlung Aranya, das Projekt LIC Housing, die School of Architecture, das Indian Institute of Management in Bangalore, die Premabhai Hall und das Institut für Indologie sind meine persönlichen Favoriten. Diese Projekte zeigen, wie Architektur zur Kulisse werden, Aktivitäten anregen und den Dialog herbeiführen kann.
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Die Ausstellung «Balkrishna Doshi: Architektur für den Menschen» läuft noch bis zum 8. September 2019 im Vitra Design Museum.

Veröffentlichungsdatum: 28.06.2019
Bilder: 1. Balkrishna Doshi, Sangath Architect’s Studio, Ahmedabad, 1980, © Iwan Baan 2018. 2. Balkrishna Doshi, Indian Institute of Management, Bangalore, 1977, 1992, © Iwan Baan 2018. 3. Balkrishna Doshi, Sangath Architect’s Studio, 1980, © Vastushilpa Foundation, Ahmedabad. 4. Balkrishna Doshi, Indian Institute of Management, Bangalore, 1977, 1992, © Vinay Panjwani India. 5. Balkrishna Doshi, School of Architecture, Centre for Environmental Planning and Technology, Ahmedabad, 1968, © Vinay Panjwani India. 6. Balkrishna Doshi, Wohnsiedlung für die Life Insurance Corporation of India, Ahmedabad, 1973, © Vastushilpa Foundation, Ahmedabad. 7. Balkrishna Doshi, Premabhai Hall, Ahmedabad, 1976, © Vinay Panjwani India. 8. Balkrishna Doshi, Indian Institute of Management, Bangalore, 1977, 1992, © Iwan Baan 2018. 9. Balkrishna Doshi in Zusammenarbeit mit M.F. Husain, Amdavad Ni Gufa Kunstraum, Ahmedabad, 1994, © Iwan Baan 2018. 10. Balkrishna Doshi, Wohnsiedlung Aranya, Indore, 1989, © Vastushilpa Foundation, Ahmedabad. 11. Balkrishna Doshi, Lalbhai Dalpatbhai Institute of Indology, Ahmedabad, 1962, © Iwan Baan 2018. 12. Khushnu Panthaki Hoof. 13. Balkrishna Doshi in seinem Architekturbüro Sangath, Ahmedabad, 1980, © Iwan Baan 2018

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