Vitra Designweg

Ronan Bouroullec im Gespräch

Die Strecke vom Vitra Campus zur Tramhaltestelle im Stadtzentrum von Weil am Rhein ist nun eine begehbare Sehenswürdigkeit: Zwölf Säulen markieren den Vitra Designweg und zeigen in runden, rotierenden Vitrinen eine Auswahl der berühmten Vitra Miniaturen klassischer Möbelstücke. Der Fussweg ist eines von mehreren Werken der französischen Designer Ronan und Erwan Bouroullec auf und bei dem Vitra Campus.

«Die Gestaltung der Strecke von der Tramhaltestelle zum Vitra Campus war schon seit einigen Jahren auf dem Tisch», erläutert Ronan Bouroullec. «Es war von Anfang an eine interessante Diskussion. Wie kann man einen etwas eintönigen Fussweg zum Leben erwecken? Dabei ging es uns vor allem um eine Art natürliche Leichtigkeit.»

Wie kam das Projekt zustande?

Der Impuls kam wie immer von Rolf Fehlbaum. Die Gespräche und Diskussionen mit ihm haben wir sehr genossen. Das war einmal etwas anderes, als einen Stuhl oder ein Möbelstück zu entwerfen. Es ging um Design im öffentlichen Raum, wir mussten also in ganz anderen Dimensionen denken und ganz anders an die Sache herangehen. Wir haben zwei Jahre gebraucht, um dann endlich zu diesem Ergebnis zu kommen.


Wann kam Ihnen die Idee mit den rotierenden runden Vitrinen?

Wir spielten mit verschiedenen Gestaltungsideen für den Weg von der Tramhaltestelle zum Vitra Campus. Zuerst dachten wir daran, den Boden zu gestalten – wie bei einem Pilgerpfad, auf dem wiederkehrende Elemente den Menschen den Weg weisen. So etwas wie die Jakobsmuscheln auf dem Jakobsweg. Die Idee eines Miniatur-Freiluftmuseums gefiel uns schliesslich aber am besten.

Also keine in das Pflaster eingelassenen Muscheln als Wegweiser zum Vitra Campus. Aber wie kamen Sie auf die runden Vitrinen?

In unserer Vorstellung nahm zunächst eine Reihe winziger Räume für Miniaturausstellungen Gestalt an. Über die Exponate oder die Umsetzung haben wir da noch gar nicht nachgedacht, wir fanden einfach nur, dass einige kleine Räume den eintönigen Weg freundlicher und lebendiger machen würden. Die Idee dahinter war die gleiche wie bei einem ganz normalen Museum: Wechselnde Ausstellungen bieten dem Stammpublikum immer wieder etwas Neues und ziehen neue Besucher an – sozusagen Laufkundschaft! Zur Zeit werden Vitra Miniaturen gezeigt, aber Kleinskulpturen, Zeichnungen oder andere Objekte wären ebenfalls möglich. Die lebendige Wirkung beruht nicht allein auf dem Wechsel der ausgestellten Objekte. Die Vitrinen drehen sich und sind nachts beleuchtet. Die kleinen Räume bieten zu jeder Tageszeit ein abwechslungsreiches Bild, eine Art Tableau vivant.

Eine erste Ausstellung mit zwölf Klassikern aus der berühmten Vitra Miniaturen Kollektion liegt aber schon nahe.

Ja, genau. Bei den Wechselausstellungen würden wir ebenfalls stets auf einen deutlichen Vitra-Bezug achten, damit der Weg als Teil des Campus und des Vitra Design Museums wahrgenommen wird. In dieser Hinsicht passt es sehr gut, wenn in den eleganten Vitrinen einige Höhepunkte dieser eindrucksvollen Sammlung zu sehen sind. Auf den kleinen ‚Drehbühnen’ kommt die tänzerische Anmut der Miniaturen wunderbar zur Geltung. Die ökologischen Aspekte haben wir aber auch nicht vergessen: Die Säulen werden mit Strom aus Solarenergie betrieben.

Der Designweg ist nicht Ihr einziges Projekt auf dem Vitra Campus.

Das ist allerdings wahr. Ursprünglich waren wir eher objektfixiert, aber in jüngerer Zeit haben wir die Faszination des öffentlichen Raums für uns entdeckt. Die Wirkung ist viel grösser, weil der Massstab grösser ist. Als Designer fühlt man sich der Öffentlichkeit gegenüber verantwortlich und achtet daher auf jedes noch so kleine Detail. Wir hatten die Gelegenheit für den Vitra Campus Ruisseau zu entwerfen, eine schlanke, in Marmor eingelassene Rinne, in der Wasser fliesst. Und wir entwarfen Ring, eine kreisförmige Plattform aus verzinktem Stahl im Garten von Piet Oudolf auf dem Vitra Campus.

Veröffentlichungsdatum: 23.7.2021
Autor: Dieter Van Den Storm
Bilder: © Vitra

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