Der Buddha mit dem Kopf im Freien

von Tadao Ando

In der Stadt Sapporo im Norden Japans hat der Architekt Tadao Ando einen eindrucksvollen Tempel entworfen, der im Dezember 2015 eröffnet wurde. In einem Essay für das italienische «domus»-Magazin erläutert Tadao Ando seine Arbeit im Makomanai Takino Cemetery.
«Ausgangspunkt des Projekts war die Gestaltung einer Gebetshalle, die eine 15 Jahre zuvor geschaffene, steinerne Buddha Skulptur in Szene setzen sollte. Standort war ein sanft ansteigendes begrüntes Gelände von 180 Hektar mit einem Friedhof. Die Statue selbst ist 13,5 Meter hoch und wiegt 1500 Tonnen. Sie besteht aus feinem, hochwertigem und massivem Stein. Als wir die Anfrage erhielten, stand sie frei auf dem Gelände und erweckte nicht gerade den Eindruck von Stimmigkeit. Der Auftraggeber wünschte sich einen Ort der Ruhe und des Seelenfriedens für die Besucher.
Unsere Idee war es, die Skulptur unterhalb des Kopfes mit einem Erdhügel zu bedecken, der mit Lavendel bepflanzt ist. Wir nannten die Idee «Der Buddha mit dem Kopf im Freien». Ein in den Hügel eingebetteter, 40 Meter langer Tunnel führt zu einer Rotunde, die die Statue umgibt. Damit wollten wir eine lebendige Raumfolge schaffen, die mit dem langen Zugang zum Tunnel beginnt und sich in seiner Durchwanderung fortsetzt, sodass die Erwartung des Besuchers allmählich steigt, bis er am Ende die Halle mit der Statue erreicht – die im Übrigen von aussen nicht sichtbar ist. Bei ihrem Betreten schaut er dann unwillkürlich zum Buddha auf, dessen Haupt von der lichten Aura des Himmels umgeben ist.
Der Hügel des Buddha ist jetzt mit 150'000 Lavendelpflanzen begrünt, die im Frühling in frischem Grün und im Sommer in Lila leuchten, während sie im Winter von Schnee bedeckt sind. Bei dem Projekt handelt es sich eher um Landschaftsgestaltung als um Architektur. Sie bedurfte einer besonderen Geisteshaltung und war für uns eine anspruchsvolle Aufgabe und eine wertvolle Erfahrung.»
1993 hat Tadao Ando auf dem Vitra Campus in Weil am Rhein sein erstes Gebäude ausserhalb Japans gebaut – der Konferenzpavillon ist ein stiller, zurückhaltender Bau inmitten von Kirschbäumen.

Veröffentlichungsdatum: 13.4.2016, zuerst veröffentlicht im «domus»-Magazin
Autor: Tadao Ando
Bilder: Shigeo Ogawa, Zeichnung von Tadao Ando. Inhaber sämtlicher Urheberrechte: Tadao Ando Architect & Associates



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