Tee-Zeremonie im Eames House

Über die Verbindung zwischen Japan und den Eames

Charles und Ray Eames liessen sich von einer unstillbaren Neugier leiten – auf Menschen, Kulturen, Traditionen und auf die vielen Möglichkeiten, das Leben und die Welt zu gestalten. Ihr Zuhause in Pacific Palisades war ein lebendiger Ort, an dem sich Arbeit und Spiel, Kunst und Freundschaft, Austausch und Inspiration begegneten. In diesem Geist empfingen sie einst Gäste zu einer japanischen Teezeremonie – einem Ereignis, das ihre Offenheit und ihre Begeisterung für die japanische Ästhetik auf besondere Weise widerspiegelte.

Im Jahr 1951 richteten Charles und Ray Eames eine traditionelle japanische Teezeremonie in ihrem Haus aus. Die Zeremonie wurde von der Teemeisterin Sosei Shizuye Matsumoto geleitet und fand anlässlich der Hochzeit ihres engen Freundes, des japanischen Künstlers Isamu Noguchi, mit der Schauspielerin Yoshiko «Shirley» Yamaguchi statt. Unter den Gästen waren namhafte Persönlichkeiten wie Charlie Chaplin, die avantgardistische Dichterin Iris Tree und der Schauspieler Ford Rainey. Der Tee wurde auf den niedrigen Occasional Table LTR serviert, während Noguchis Akari Light Sculptures den Raum in ein warmes Licht tauchten.
Die Fotografien dieser Zusammenkunft zeigen ein fast leeres, sehr sorgfältig vorbereitetes Wohnzimmer. Nur wenige Tatami-Matten, einige LTR-Tische, dazwischen Akari-Leuchten, deren Papierflächen sanft leuchten. Dieses zurückhaltende Setting war Ausdruck einer tiefen Bewunderung für japanisches Handwerk und Design. Charles und Ray hatten Japan zu diesem Zeitpunkt noch nicht besucht. Dennoch spiegelte ihr Haus viele Elemente japanischer Baukunst wider. Die enge Freundschaft zu Noguchi und die Begegnungen mit anderen japanischen Künstlern verstärkten diesen Einfluss. 1950 trafen sie den Designer Isamu Kenmochi, 1955 besuchte der Maler Genichiro Inokuma das Haus, und im Jahr der Teezeremonie kam auch Genshitsu Sen, der 15. Grossmeister der Urasenke-Teeschule, zu Besuch. Solche Begegnungen prägten ihr Verständnis für die japanische Kultur und legten den Grundstein für eine lebenslange Verbundenheit, die sich später auf ihren Reisen nach Japan vertiefte.

Charles und Ray waren Menschen, die mit offenen Augen und Herzen durch die Welt gingen. Sie sahen in jeder Tradition, in jedem Gegenstand, in jeder Handlung eine Gelegenheit, zu lernen. Ob beim Zubereiten einer Mahlzeit, beim Decken eines Tisches oder beim Ablauf einer Zeremonie – sie betrachteten alltägliche Gesten als Ausdruck von Aufmerksamkeit und als Quelle der Inspiration. Diese Haltung war mehr als blosse Neugier. Es war eine Form des Respekts, eine Art, die Welt zu betrachten und zu verstehen. Ihre Offenheit wurde zu einer schöpferischen Kraft, die ihre Arbeit mit Bedeutung und Menschlichkeit erfüllte.
Auch das Eames House selbst trägt diese Haltung in sich. Die Struktur aus Stahl und Glas schafft einen nahtlosen Übergang zwischen Innen und Aussen und spiegelt die Offenheit japanischer Häuser wider. Die beiden Höfe – einer zwischen Wohnhaus und Studio, der andere nach Süden gerichtet – sind auf einem klaren Raster angelegt. Ziegel, Gras und Holz bilden ruhige Flächen, durchsetzt von wenigen, gezielt gesetzten Pflanzen. Im südlichen Hof steht ein einzelner Bonsai, dessen Form sich präzise vor den roten Ziegeln abzeichnet – ein leiser Akzent, der bis heute erhalten ist.

Charles selbst zog in einem Brief aus dem Jahr 1951 Parallelen zwischen ihrem Haus und der japanischen Architektur. Er schrieb, wie sehr ihn die Einfachheit traditioneller japanischer Bauten beeindrucke – Gebäude aus bescheidenen Materialien, die in perfekter Harmonie mit dem Menschen und seiner Umgebung stehen. Auch im Eames House, so meinte er, liege diese Qualität: «Das Wichtigste, was [das Haus] mit dem japanischen Teehaus gemeinsam hat, ist die Verwendung äusserst einfacher Materialien auf natürliche und unverstellte Weise.» Sichtbare Stahlträger, offene Strukturen, unverkleidete Flächen – sie erfüllten denselben Zweck wie Holzbalken und Bambuswände im Teehaus. So wurde die Teezeremonie von 1951 zu mehr als einem gesellschaftlichen Ereignis. Sie war ein Moment der Resonanz zwischen Architektur und Ritual, Freundschaft und Kultur. Sie verkörperte das, was Charles und Ray Eames ausmachte: die Freude am Lernen, die Liebe zum Detail und die Überzeugung, dass Schönheit und Bedeutung dort entstehen, wo Offenheit und Neugier aufeinandertreffen.

Veröffentlichungsdatum: 13.11.2025
Bilder: 1.–5. © 2025 Eames Office, LLC. All rights reserved.; 6. © Vitra