Arbeiten Sie lieber in urbanen Räumen oder auf dem Land?
Beides hat ihren Reiz. Somerset liegt mitten auf dem Land und funktioniert gut. In der Regel erzeugt meine Arbeit aber in Städten eine viel stärkere Wirkung. Einerseits, weil der Kontrast zur Umgebung grösser ist und andererseits, weil ich in Städten meist Projekte im öffentlichen Raum realisiere, die viel mehr Leute zu Gesicht bekommen. Das gefällt mir. Viele Künstler sehen ihre Kunst wahrscheinlich auch lieber im Museum hängen als in einem Privathaushalt.
Ihr eigener Garten in Hummelo hat über die Jahre aber auch viele Leute in die niederländische Provinz gelockt.
Schon. Ausserhalb meines eigenen Gartens habe ich es jedoch mit ganz anderen Voraussetzungen, Wünschen, Interessen und auch Einschränkungen zu tun. Das fordert mich heraus und treibt mich an. Jedes neue Projekt ist eine Spielwiese für mich. Wenn ich es an einem Ort umsetzen kann, an dem Millionen von Menschen vorbeikommen, ist dies umso besser.
Weshalb?
Mir liegt viel daran, dass die Leute meine Gärten nicht nur auf Bildern sehen, damit sie dasselbe erleben können, was mir widerfährt, wenn ich durch einen Garten laufe. Es geht mir um die Gefühle, die dabei ausgelöst werden. Ich reagiere sehr emotional auf Pflanzen, momentan sogar noch etwas mehr als sonst. Heute Morgen war ich draussen, und was ich sah, berührte mich zutiefst. Diese Sensibilität mag auch der Grund dafür sein, weshalb ich so gut mit Pflanzen arbeiten kann. Ich habe Pflanzen von Anfang an als ein Mittel gesehen, um mich auszudrücken und bei anderen Leuten starke Emotionen hervorzurufen.
Macht Sie das zu einem Künstler? Glaubt man Ihren Bewunderern wie dem Galeristen Iwan Wirth oder dem Kurator Hans Ulrich Obrist, sind Sie dies jedenfalls.
Ich überlasse es anderen, was sie in mir sehen wollen. Für einige Leute bin ich wohl einfach ein Gärtner, andere halten meine Arbeit hingegen für Kunst. Sicher sind da einige Parallelen zur Kunst auszumachen. Ich beschäftige mich mit Ideen und Standpunkten, Ästhetik, Emotionen, der Art und Weise, wie etwas auf den Verstand wirkt und die Leute berührt. Auf der anderen Seite mache ich etwas, das sehr flüchtig und unbeständig ist. Meine Arbeit ist nie abgeschlossen, sie ist jeweils nur der Beginn von etwas. Ich mache kein Gemälde und hänge es an die Wand. Wenn, dann ist es ein Gemälde, das ich wachsen und vergehen lasse.
Es gibt aber immer mehr Leute, die trotz der Vergänglichkeit Ihrer «Gemälde» eines haben möchten. Überrascht Sie das?
Ich frage mich schon, weshalb gerade ich so viel Aufmerksamkeit erhalte, und wie es dazu gekommen ist, dass ich alles umsetzen konnte, wovon ich geträumt hatte. Zu Gute kommt mir bestimmt, dass ich etwas mache, das dem Zeitgeist entspricht. Denken sie nur an die Popularität des «Urban Gardenings» oder von nachhaltig bewirtschafteten Farmen. Wir sind heute gezwungen, anders über unsere Umgebung nachzudenken. Da hilft mir meine jahrelange Erfahrung. Ich träumte schon in den achtziger Jahren von Gärten, die weniger dekorativ und arbeitsintensiv wären, dafür ressourcenschonender, wilder und emotional berührender. Gärten, bei denen nicht alles sofort herausgerissen würde, was nicht mehr blüht, und auch Dingen Raum gäben, die kaum der gängigen Vorstellung von Schönheit entsprechen.
Steckte da auch eine politische Botschaft im Sinne von einer Forderung für mehr Nachhaltigkeit dahinter?
Mit einem bewussten Appell für den Umweltschutz hatte dies nicht viel zu tun, auch wenn es im Nachhinein so aussieht. Noch heute möchte ich den Leuten nicht vorschreiben, wie sie sich zu verhalten haben. Wenn ich sie durch meine Arbeit für Pflanzen begeistern kann, freut mich das aber natürlich. Ich setze mehr auf Inspiration als auf Konfrontation. In den letzten 30 Jahren wollte ich vor allem eine Alternative zur traditionellen Landschaftsgärtnerei bieten und habe mit meinen Projekten und Publikationen hoffentlich einen Teil dazu beigetragen, wie die Leute heute über Gärten denken.
So betrachtet, überrascht Ihr Erfolg keineswegs. Er ist eigentlich nur die logische Folge Ihres konsequenten Wegs.
Das tönt gut. Doch es war längst nicht alles geplant. Ich habe einen sehr langen Weg mit vielen Hindernissen zurückgelegt. Vom Restaurant meiner Eltern über verschiedene Gelegenheitsjobs bis zu den Gärten, mit denen ich mich erst mit 25 ernsthaft auseinanderzusetzen begann. 1982 eröffneten meine Frau und ich aus finanzieller Notwendigkeit eine Gärtnerei, die unheimlich bekannt werden sollte – meinen ersten öffentlichen Auftrag als Gartendesigner erhielt ich jedoch erst 1996. Ich fing also nicht mit grossen Ideen, sondern mit harter Arbeit an. Vielleicht fällt es mir auch deshalb schwer, mich als Künstler zu bezeichnen.